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Dokument Nr. 25:
Carl Ludwigs offizieller Bericht zur schweizerischen Flüchtlingspoilitik während des 2. Weltkriegs, publiziert 1957, im vollen Wortlaut

als .pdf-datei, auf deutsch / en français

Für die deutschsprachige Fasssung hier klicken

Le texte du rapport en français: voici


Kommentar:
Carl Ludwig wurde am 15.2.1889 in Maloja GR geboren. Seine Eltern waren Johann und Marie, geb. Münger. Die Familie besass das Bürgerrecht von Schiers GR. Der Vater war Arzt. Nach dessen frühem Tod zog die Familie 1894 nach Basel. Ludwig besuchte das Gymnasium und studierte anschliessend Jura an den Universitäten Basel und Genf. 1911 promovierte er in Basel. 1912 wurde Ludwig zum Untersuchungsrichter ernannt. 1919 stieg er zum ersten Staatsanwalt auf, 1923 erfolgte seine Wahl zum Strafgerichtspräsidenten.
1930 wurde Ludwig als Vertreter der Liberalen in den Regierungsrat gewählt. Zunächst leitete er 1930-34 das Polizeidepartement, danach bis zu seinem Rücktritt 1946 das Finanzdepartement. 1934 kandidierte Ludwig erfolglos für das Amt des Bundesrates (Nachfolge Heinrich Häberlin). Er unterlag in der Bundesversammlung Johannes Baumann. 1935 vertrat er die Schweiz als Anwalt im Schiedsgerichtsverfahren um den von deutschen Agenten aus Basel entführten deutschen Publizisten Berthold Jacob, der 1933 nach Frankreich emigriert war.
Nach seinem Rücktritt als Regierungsrat wurde Ludwig 1946 in den Verwaltungsrat der CIBA berufen. Von 1948-59 war er Präsident der Schweizer Spende, die die Europa- und Auslandshilfe der Schweiz koordinierte. 1956/57 verfasste er im Auftrag des Bundesrates den bekannten Bericht über die "Flüchtlingspolitik der Schweiz" (Ludwig-Bericht).
Dieser Bericht ist die erste wissenschaftliche Aufarbeitung der restriktiven, insbesondere Juden, Sinti und Roma abweisenden Flüchtlingspolitik der Schweiz zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Konservative Kräfte, so Alt-Bundesrat Eduard von Steiger, behinderten die Arbeit Ludwigs. Der Inhalt des Berichts Ludwig wurde von Alfred A. Haesler 10 Jahre später, ergänzt mit weiteren Dokumenten und Informationen in Form des anschaulich und verständlich geschriebenen Buches "Das Boot ist voll. Die SChweiz und die Flüchtlinge", Zürich 1967, auch breiteren Kreisen bekannt. In der Folge beleuchteten auch Edgar Bonjour und die Expertenkommission Schweiz - 2. Weltkrieg die Politik der Schweiz, insbesondere auch die Flüchtlingspolitik, zur Zeit des zweiten Weltkriegs.
Neben seiner juristischen und politischen Berufslaufbahn verfolgte Ludwig wissenschaftliche Ambitionen. 1929 habilitierte er sich an der Universität Basel in Straf- und Presserecht. Von 1931-1938 war er Dozent an der Juristischen Fakultät, 1938-1959 wirkte er als Professor für Strafrecht. Zunächst nebenamtlich tätig, wurde er 1949 zum Ordinarius ernannt. 1952 war er Rektor der Universität Basel.
1935 heiratete Carl Ludwig Amalie Sprecher von Bernegg, die Tochter des Generals Arthur Sprecher von Bernegg. Die Ehe blieb kinderlos. Zeit seines Lebens war das Ehepaar seiner Bündner und Engadiner Heimat eng verbunden. Davon zeugt auch, dass Ludwig niemals das Basler Bürgerrecht annahm. Dennoch blieb er nach seinem Rücktritt von der Professur in Basel wohnhaft, das ihm ein zweite Heimat geworden war. Carl Ludwig starb am 30.8.1967 in Basel.