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Vortrag am 5. Dezember 2008 im Rhätischen Museum, Chur

Jenisches Volk in der Schweiz – einst verfolgt, heute als gleichberechtigte Minderheit respektiert?

Der dadurch eingetretene Rückgang der Geburten darf füglich als ein Erfolg gedacht werden“. Diskriminierende und eliminatorische Elemente in der Verfolgungsgeschichte der schweizerischen Jenischen

Von Thomas Huonker (SIFAZ, Schweizerisches Institut für Antiziganismusforschung)

Die Schweiz ist erst seit dem letzten Bürgerkrieg im Jahr 1847 und ihrer 1848 daraus hervorgegangenen Neugründung als Bundesstaat eine föderalistische Demokratie, in der die Gegensätze und Konflikte zwischen den hier lebenden Religionen, Ethnien und sonstigen Bevölkerungsgruppen mit einigermassen friedlichen Mitteln ausgetragen werden, mit Ausnahme der Auseinandersetzungen im Umfeld von Streiks im ersten Drittel des 20. Jahrhunders, insbesondere zur Zeit des Generalstreiks im November 1918.

Mehrere Forscherinnen und Forscher haben aber in letzter Zeit den offensichtlichen Umstand näher aufgearbeitet, dass die Frauen – welche eine knappe Mehrheit in der Bevölkerung bilden - ,  sowie Minderheiten wie die Juden, die Rätoromanen, die Jurassier und die Homosexuellen erst nach 1848 zu ihren vollen Rechten kamen.[1] Teilweise aufzuarbeiten bleibt noch, wie viele mühsame Anläufe, Freiwilligenarbeit, Organisations- und Kulturarbeit dafür zu leisten war, welche gesellschaftlichen und globalen Kräfte in diese Richtung wirkten und welche gesellschaftlichen Kräfte und Instanzen diesem Weg zur allgemeinen Gleichberechtigung besonders viele Steine in den Weg legten.

Wie in anderen Ländern auch sind die Roma, Sinti und Jenischen Bevölkerungsgruppen, welche dazu offensichtlich den schwierigsten und längsten Weg zurückzulegen hatten, und vor denen noch die längste Wegstrecke bis zur vollen Anerkennung als Mitmenschen gleichen Rechts liegt, wobei sich die Lage in den verschiedenen Ländern auch unterschiedlich präsentiert. Nicht ausser acht zu lassen ist ferner, dass seit den letzten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts eine neue rechtlose Gruppe um rechtliche Anerkennung kämpfen muss, nämlich die so genannten sans papiers.[2] Allerdings wissen Sie alle wohl schon, unter anderem dank der Ausstellung Puur und Kessler, dass es solche Papierlose, damals unter dem Titel Heimatlose, schon im 19. Jahrhundert gab, und dass ein Teil von ihnen, gegen grosse Widerstände, nach 1851allmählich das Bürgerrecht erhielt.

In noch weiter zurück liegenden Zeiten wurden diese Menschen sie von den Behörden einfach als „fremdes Gesindel“, „Gauner“, „Strolche“, „Landstreicher“ oder „herrenloses Volk“ bezeichnet.

Die Tagsatzung vom 23. Mai 1520 in Luzern beschloss:
"In Betreff der Kriegsbuben, Bettler und fremden Kessler wird beschlossen, man soll allenthalben, wo solche betreten werden, diejenigen unter ihnen, welche Angehörige der Eidgenossenschaft sind, bei ihrem Eide in das Ort, woher sie gekommen, zurück-, Fremde aus der Eidgenossenschaft wegweisen, es sei denn, dass sie sich mit Arbeit ernähren wollen. Ebenso soll man es mit den Heiden und Zigeunern halten, die allfällig in das Land kommen." [3]

Doch die Arbeit der „fremden Kessler“ stand in Konkurrenz mit derjenigen der lokalen Kessler und Kupferschmiede. Und fünf Jahre später meldete die Freiburger Obrigkeit an die Tagsatzung vom 10. Februar 1525 in Luzern, ein  gefangener Rom habe gestanden, „es seien überhaupt alle Zigeuner Mörder und Bösewichte“. Den damaligen Justizgepflogenheiten entsprechend war diese Aussage unter der Folter gemacht worden.

An der Tagsatzung von 8. August 1574 in Baden doppelten die von Schwyz nach, „dass unter diesen Heiden die Männer Diebe, die Weiber Hexen seien“, worauf die in Baden versammelten eidgenössischen Würdenträger beschlossen: „Dieses wird in den Abschied genommen, damit jedes Ort seine Massregeln zu deren Ausrottung treffe." [4]
Somit galt in der Schweiz über Jahrhunderte hinweg ein totales Aufenthaltsverbot für diese Menschen. Das Einfangen, Vertreiben, Umbringen oder Auf-die-Galeeren-Verkaufen dieser Bevölkerungsgruppen war über Jahrhunderten nicht nur Amtspflicht, sondern phasenweise wurden die Opfer solcher Stigmatisierungen auch für vogelfrei erklärt, so dass jedermann die Lizenz zum Töten hatte.[5]

Die „Heiden“, das „herrenlose Gesindel“, die „fremden Kessler“ mussten sich in Wäldern, Sümpfen und Bergen verstecken. Sesshafte, die sie beherbergten, mussten ebenfalls mit Strafen rechnen.

Dennoch konnten diese verfolgten Bevölkerungsgruppen auch in der Schweiz überleben. Allerdings gilt dies hauptsächlich für diejenigen unter den das Kessler- und andere Wandergewerbe Treibenden, welche dies im Gebiet der heutigen Schweiz  schon seit Jahrhunderten getan hatten, und deren als „Vagantensprache“ bezeichnetes Idiom in der Schweiz schon in einer Zeit überliefert ist, als die Roma noch nicht hier angekommen waren, nämlich schon vor 1418.

Als „Vaganten“ wurden diese Menschen vom Mittelalter bis ins zwanzigste Jahrhundert bezeichnet, als „Kessler“ in manchen Regionen bis heute. Im 18. Jahrhundert wurden sie, unter fortdauernder kollektiver Kriminalisierung, die nach wie vor auch die Frauen und Kinder umfasste, als „Gauner“ bezeichnet. Erst ab 1714 – nach bisherigem Forschungsstand –  wurde ihre Selbstbezeichnung als Jenische auch in Schriften Sesshafter erwähnt. Diese Selbstbezeichnung der Jenischen kannte auch Dr. Alfred Siegfried, der ihnen mit Hilfe der Behörden ab 1926 systematisch die Kinder raubte, doch bezeichnete er sie, wie die früheren Verfolger, meist als „Vaganten“, ferner als „Kessler“ und nicht selten auch als „erblich Minderwertige“. Die letztere Einschätzung ist von der seit Ende des 19. Jahrhunderts weitherum progagierten so genannten „Rassenhygiene“ geprägt. Siegfried übernahm sie vom Bündner Psychiater Josef Jörger. Siegfried war nicht der einzige, der dies tat, denn die Theorien Jörgers wurden  auch von der Bündner Regierung kritiklos übernommen. Auch Robert Ritter, der ab 1937 im Nazireich Sinti, Roma und Jenische verfolgte, übernahm Jörgers kollektive Diagnose, die ganze Volksgruppe der Jenischen sei „erbkrank“. In den Jahren nach 1933 pflegten auch Jörgers Nachfolger in der Psychiatrischen Klinik Waldhaus, Gottlob Pflugfelder und Benedikt Fontana, diese Theorien weiter. Sie prägen die diffamierenden psychiatrischen und behördlichen Akten über die schweizerischen Jenischen im 20. Jahrhundert.

Seit den 1970er Jahren nennen sich die in Wohnwagen und auf Durchgangs- und Standplätzen lebenden Jenischen in der Schweiz oft auch Fahrende. In der Folge ist das Wort Fahrende auch zu einer von behördlichen Instanzen oft verwendeten Bezeichnung geworden. Oft wird damit jedoch auch die grössere Teilgruppe der sesshaften Jenischen mitgemeint, vielfach auch die überwiegend sesshaften Roma und die Sinti. In diesen Fällen ist diese Terminologie oft sehr unklar und verwirrlich.

Ohne Zweifel ist es sinnvoller, genauer und angemessener, für diese ethnischen Gruppen deren Selbstbezeichnung zu verwenden und jeweils darzulegen, ob spezifisch die fahrenden, die sesshaften oder alle Mitglieder gemeint sind.

Die Jenischen verstehen sich in der Schweiz mindestens seit den 1970er Jahren dokumentiertermassen ausdrücklich als Volk oder Volksgruppe und kämpfen in autonomen Organisationen auf internationaler und nationaler Ebene um die Anerkennung als ethnische Minderheit.[6] Seit etwas mehr als 10 Jahren ist dies auch in Österreich und Deutschland der Fall. In der Schweiz ist diese Anerkennung der Jenischen ein Stück weit erfolgt, aber bei weitem noch nicht vollständig und in keineswegs in gleicher Weise wie im Fall anderer Minderheiten.

Dies als allgemeine Einleitung.

Ich präsentiere Ihnen nun eine Fallgeschichte sowie einige Zitate von Behördenseite zur Verfolgungsgeschichte der Jenischen in der Schweiz und kommentiere sie.

Der Jenische Anselm X. (Name gemäss Anonymisierungsvorschrift geändert), geboren 1914, war Bürger eines Bündner Dorfes, in welchem seine Familie seit Jahrhunderten das Heimatrecht besass. Viele seiner Verwandten und Vorfahren lebten vom Wandergewerbe, so auch seine Eltern. 1930 gelang es Dr. Alfred Siegfried, dem Leiter der Abteilung Schulkind der Pro Juventute sowie des von ihm gegründeten und geleiteten und so genannten „Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse“, das ebenfalls eine Unterabteilung der Pro Juventute in Zürich war, den Bündner Eltern mit Einwilligung der Bündner Behörden die Erziehungsbefugnis zu entziehen. Die Kinder wurden ihnen weggenommen und in Anstalten platziert. Anselm X. kam in die von Mönchen des Ordens der christlichen Schulbrüder des heiligen Johannes von Lassalle geführte Anstalt Knutwil bei Büron, Kanton Luzern. In Knutwil kam es aktenkundig zu sexuellem Missbrauch und schwerer körperlicher Misshandlung dort platzierter männlicher Jugendlicher durch Anstaltspersonal. Siegfried schrieb in seinem Einweisungsbrief vom 16. 9. 1930 an den „Bruder Direktor“ der Anstalt, Anselms Bündner Familie sei „eine völlig verkommene und moralisch defekte Gesellschaft, bei welcher die Kinder nichts Gutes lernen könnten.“[7]

Anselm X. floh mehrmals aus der Anstalt Knutwil, wurde jeweils verhaftet und 1932 polizeilich in die Verwahrungsabteilung der Anstalt Realta in Cazis, Graubünden, eingeliefert, obwohl er noch minderjährig war. In der Zusammenfassung seiner „Hilfswerks“-Akten steht: „Findet Aufnahme in Realta in der Verwahrabteilung, um einem Entweichen vorzubeugen. Ist aber bei den geistig Anormalen nicht am rechten Ort. Wird darum nach Bellechasse versetzt.“[8]

Bellechasse bei Sugiez im Kanton Freiburg war damals eine kombinierte Zwangsarbeits-Anstalt mit Abteilungen für angeblich schwererziehbare Jugendliche, für angeblich arbeitsscheue und liederliche Frauen und für erwachsene Alkoholiker sowie einer Zuchthaus-Abteilung für erwachsene Straftäter, wobei alles demselben Direktor unterstand. Da Siegfried gute Beziehungen zu den Direktoren von Bellechasse hatte, die dort zu seiner Zeit wirkten, und da dort das Kostgeld für eine so genannte Versorgung seiner jugendlichen und erwachsenenen Mündel schweizweit am billigsten war, platzierte der Leiter des sogenannten „Hilfswerk“ einen Grossteil seiner Mündel in Bellechasse, und zwar oft mehrmals und in vielen Fällen jahrzehntelang. Er tat dies, obwohl ihm schon die ersten von ihm dorthin eingelieferten Mündel von sexuellem Missbrauch berichteten. Und er tat dies auch ungeachtet aller weiteren Bitt- und Klagebriefe der von ihm dorthin Eingelieferten.[9]

In der Zwangsarbeitsanstalt Bellechasse verblieb Anselm X. zunächst bis zu seiner Volljährigkeit, also bis 1934. Von einer Ausbildung oder gar einer Berufslehre war keine Rede. Um ihn weiterhin kujonieren zu können, erreichte Siegfried, dass Anselm X. in seine Entmündigung einwilligte, sei es unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder mit dem Köder, dann dürfe er die Anstalt verlassen. In der Tat wurde Anselm X. 1934 als Knecht bei Bauern im Mittelland platziert. Doch als er eine solche Arbeitsstelle verliess, um nach Jahren der Trennung einmal seine Eltern und Geschwister in Graubünden zu besuchen, wird im Aktenblatt vermerkt: „Ist von der Polizei in Chur aufgegriffen worden und sofort nach Bellechasse transportiert worden.“[10] Nach diesem Schema ging es nun mehrere Jahre lang: 2 Jahre Bellechasse, anschliessend Platzierungen durch Siegfried als Bauernknecht, worauf Anselm X., sich selber Arbeit, meist auf dem Bau, suchte und anschliessend Kontakt mit seiner Familie oder anderen Jenischen aufnehmen wollte; hierauf wurde er wieder polizeilich in die Anstalt Bellechasse abtransportiert.

Die Aktenführer des „Hilfswerks“ formulierten 1937, als es Anselm X. wieder einmal gelungen war, eine nicht von Siegfried vermittelte Arbeitsstelle anzutreten: „Scheint eine richtige Vagantencarrière aufzunehmen.“ Und als es ihm, ebenfalls 1937, gelang, seinen Vater zu finden, und er mit ihm in Graubünden dem Hausierhandel nachging, wurde im Pro-Juventute-Zentralsekretariat vermerkt: Anselm „zieht mit seinem Vater in Graubünden herum, ist also richtig dem Vagieren verfallen“, gefolgt vom Eintrag: Anselm „wird nach Bellechasse verbracht.“[11]

Versuche seiner Mutter, ihn aus Bellechasse zu sich zu holen, scheiterten zwei Mal an dem Bescheid von Gemeindebehörden. Der Präsident der Thurgauer Gemeinde Altnau schrieb am 11. Februar 1938 an Siegfried: „Was den Sohn [Anselm] betrifft, so glaube ich nicht, dass er hier am richtigen Orte wäre. Frau X. ist, da sie den Hausierhandel betreibt, oft die ganze Woche von zu Hause weg, und wäre der Sohn in diesem Fall immer sich selber überlassen, was laut ihrem Schreiben wahrscheinlich nicht von Gutem wäre.“ [12] Damit ging er auf das üble Spiel Siegfrieds ein, welcher der Mutter zugesichert hatte, sie dürfe den Sohn zu sich holen, wenn das die Gemeindebehörde erlaube. Also blieb Anselm X. in Bellechasse. Siegfried schrieb am 15. Februar 1938 an Anselms Mutter: „Auf ihren Brief [...] hin habe ich mich an zuständiger Stelle erkundigt, ob eine Garantie bestände, dass Ihr Sohn [...] bei Ihnen am rechten Ort wäre und nicht Gefahr liefe, dem Vagantentum anheim zu fallen. Leider ist nun der erhaltene Bescheid so, dass ich eine Uebersiedlung von [Anselm] nicht verantworten könnte. So bleibt ihr Sohn vorläufig dort, wo er ist.“

Dasselbe Spiel hatten Siegfried und der Gemeindepräsident der Bündner Heimatgemeinde schon 1936 gegenüber der Mutter von Anselm X. gespielt. Auch der Gmeindepräsident der Bündner Heimatgemeinde hatte die weitere Anstaltsinternierung befürwortet. Er schrieb an Siegfried, es wäre „nicht unser Willen, [Anselm] hieher [...] und ins gleiche Fahrwasser der Mutter kommen zu lassen“.[13]

Da die Post der Insassen von Bellechasse kontrolliert wurde, liess Anselm X.  im Spätherbst 1939 durch einen entlassenen Mitinternierten ein Schreiben an den Bündner Regierungsrat Andreas Gadient herausschmuggeln. Er erhob darin Beschwerde gegen seine langandauernde Versenkung in der Anstalt Bellechasse, die seines Erachtens unverhältnismässig und unrechtmässig sei, da er interniert wurde, wie er schrieb, „ohne irgend ein Delikt begangen zu haben, und bin auch nicht vorbestraft“.[14] Kurz vor Ablauf seiner ersten Amtszeit, am 28. Dezember 1939, schrieb Regierungsrat Gadient an Siegfried: „Wir haben der Anstaltsleitung das Gesuch zur Vernehmlassung zugestellt. Diese teilt uns mit, dass sie das Gesuch Ihnen zu Ihrer Stellungnahme zugestellt habe. Wir ersuchen Sie, uns sobald wie möglichst Ihre Stellungnahme zukommen zu lassen.“

Der solchermassen von einem Anstaltsdirektor des Kantons Freiburg und einem Magistraten des Kantons Graubünden als Schicksalsorakel zum weiteren Lebenslauf von Anselm X. angefragte Dr. Siegfried, der seinerseits, im Unterschied zu seinem Mündel, vorbestraft war, und zwar wegen eines pädophilen Uebergriffs  auf einen Schüler, dieser Dr. Siegfried schrieb dann dem Regierungsrat am 4. Januar 1940 folgendes: “[Anselm X.], über den Sie mich anfragen, ist leider ein unverbesserlicher Nichtstuer und Vagant.“ Siegfried signalisierte aber Bereitschaft, die Verantwortung über den lange Jahre lang ohne Gerichtsurteil als Zwangsarbeiter Eingesperrten bündnerischen Instanzen zu übergeben, mit der Begründung: „Selbstverständlich kann ich den Mann nicht Zeit seines Lebens beaufsichtigen und internieren. Ich werde [...] die ganze Angelegenheit der kantonalen Fürsorgestelle in Chur übergeben.“[15]

Diese platzierte Anselm X. als HD (militärischen Hilfsdienst Leistenden) bei einer militärischen Arbeitskompagnie, von wo aus er sich bald anderweitige Arbeit suchte.

Als aber Anselm X. im Kanton Solothurn Arbeit fand und dort, wie die Pro Juventute herausfand, bei einem „Korber und Schirmflicker“, der mit einer Jenischen aus dem Kanton Solothurn zusammenlebte, Wohnsitz genommen hatte, liess ihn Siegfried wiederum nach Bellechasse einweisen. Im Frühjahr 1941 floh Anselm X. von dort nach Graubünden und wurde, nach Verhaftung und kurzem Aufenthalt im Gefängnis Sennhof, dem militärischen Festungsbau als Mineur zugeteilt. Dies nachdem sich auch das Kantonale Fürsorgeamt Chur darüber befremdet gezeigt hatte, dass der nicht Vorbestrafte nunmehr 8 Jahre und 7 Monate ohne Gerichtsurteil in Bellechasse verbracht hatte. Anselm X. hatte sich bei dieser Amtsstelle erneut beschwert, „dass er stets ohne Gerichtsurteil interniert worden sei und dies eine viel zu schwere Strafe für sein jeweiliges Davonlaufen sei“.[16] Doch schon im Oktober 1941 wurde Anselm X. von der Kantonspolizei Graubünden wieder nach Bellechasse transportiert. Siegfried hatte nun auch die kantonale Fürsorge davon überzeugt, was er, entgegen anderslautender Bekundungen, angestrebt hatte: „Dauerversorgung ist angezeigt.“[17]

1942 wurde der Kassier der Bündner Heimatgemeinde zum Vormund von Anselm X. ernannt. Der neue Vormund beliess Anselm in Bellechasse. 1944 notierte Siegried, der ja auch wegen anderer jenischer Mündel öfter nach Bellechasse reiste: „X. steckt noch immer in Bellechasse. Er hat von keiner Seite irgend einen Bescheid vernommen, und natürlich kann der gewesene Vormund auch nichts machen, muss ihn seinem Schicksal überlassen.“

1956 machte sich Siegfried an die Bilanzierung seines zerstörerischen Lebenswerks. Er erstellte eine Statistik darüber, bei welchem Prozentsatz seiner Mündel es ihm gelungen war, sie von ihrer jenischen Verwandschaft und Lebensweise, also von ihrer hergebrachten Kultur, Sprache und Zugehörigkeit, definitiv zu entfremden. Dazu erkundigte er sich auch bei der Bündner Heimatgemeinde von Anselm X. nach dem Stand der Dinge. Diese liess verlauten: „Wir sehen ihn nur, wenn er von der Polizei gebracht wird.“[18] Und: Er sei Korber, Handlanger und unverheiratet.

Zu letzterem Punkt fügte Siegfried in Klammern bei: „Heil sei ihm!“[19] Denn Siegfried bezweckte mit seinem so genannten„Hilfswerk“ erklärtermassen auch, die Geburtenrate innerhalb der jenischen Volksgruppe zu senken. Siegfried formulierte in einem Vortrag vom 9. Juli 1943: „Nicht unwichtig ist aber [...] die Tatsache, dass durch unsere Fürsorgemassnahmen das durchschnittliche Heirats- und Gebäralter wesentlich heraufgesetzt worden ist und dass zudem eine bedeutende Zahl von [angeblich, T.H.] geistesschwachen Individuen verhindert worden sind, Familien zu gründen oder sich fortzupflanzen.“ [20]

Weiter sagte Siegfried hiezu: „Die durch sorgfältige Überwachung und Führung erreichte Verhinderung von unbesonnenen Heiraten und der dadurch eingetretene Rückgang der Geburten darf füglich als ein Erfolg gedacht werden und kompensiert die relativ geringe Zahl der deutlichen Erziehungserfolge.“ [21]

In seinem 1964 erschienenen Buch „Kinder der Landstrasse“ registriert Siegfried Anselm X. dementsprechend als erzieherischen Misserfolg, wiederholt seine Formulierung aus dem Brief an Regierungsrat Gadient und beschreibt ihn wiederum als einen „unverbesserlichen [...] Vaganten und Nichtstuer“.[22] Als positiv vermerkt er einzig, dass sein Mündel „unbeweibt“ blieb.[23] Unter dem Titel „Berichte von Dr. Siegfried“ hatte er wesentliche Teile dieses Buches schon im Juli 1958, und zwar ohne Anonymisierung, dem Bündner Regierungsrat und den Heimatgemeinden seiner Bündner Mündel zugestellt.

Soviel zu einem Einzelfall, der aber keineswegs allein steht, sondern in einer langen Reihe gleich trauriger Parallelfälle. Sie alle zeugen von der engen Zusammenarbeit zwischen Pro Juventute und Behörden beim Versuch, die Kultur der Jenischen zu zerstören und die Zahl der Mitglieder dieser Volksgruppe gezielt zu senken.

Dazu nun einige weitere Zitate.

Folgende krasse Formulierung verwendete Alfred Siegfried in einem Brief an Ignaz Derungs, Mitglied der Vormundschaftsbehörde Lugnez vom 26. Januar 1951:

“Sehr geehrter Herr Derungs,

Es ist gewiss kein Unglück, dass Luzi X. (Name gemäss Anonymisierungsvorschriften geändert), geb. 1913,  noch unter Vormundschaft steht. Viel schlimmer wäre es, wenn dieser vollständige Trottel machen könnte, was er wollte, und zum Beispiel eine neue Idiotenfamilie gründen würde. Die ganze Arbeit der Vormundschaftsbehörde hätte keinen Zweck, wenn man solche hoffnungslosen Gesellen nicht zeitlebens irgendwie in Banden hielte. Mit freundlichen Grüssen

Zentralsekretariat Pro Juventute

[Abteilung] Schulkind und Fürsorge:

Dr. Siegfried“ [24]

Siegfried wusste sich dabei einig mit der Lugnezer Vormundschaftsbehörde. Der vorherige Vormund von Luzi X. , Balthasar Collenberg, hatte schon am 9. Dezember 1947 zu demselben Jenischen, den Siegfried 1951 als Idioten bezeichnete, folgendes formuliert: „Schwachsinn erheblichen Grades und daher die Verantwortung für den Vormund, eine neue Nachkommenschaft zu verhindern.“ [25]

Ähnliche Formulierungen äusserten auch Behördenvertreter anderer Regionen der Schweiz.

Eine der schlimmsten dieser Formulierungen, die ich in den Akten fand, ist die eines Behördemitglieds einer Tessiner Gemeinde mit jenischen Mitbürgern von Freitag, dem 15. Juni 1962, um 17.00.  Es handelt sich um eine Äusserung in einem Telefongespräch mit Clara Reust, der Nachfolgerin Siegfrieds, die aufgenommen und transkribiert wurde. Die Äusserung ist kein konkreter Tatvorsatz, aber sie ist doch ein Ausdruck einer Geisteshaltung, die ich wiederum als diskriminatorisch-eliminatorisch bezeichne. Der Gemeindesekretär von Magliaso, ein Herr Maspoli, äusserte sich laut dem Telefon-Transkript in den Pro-Juventute-Akten wie folgt über die in seiner Gemeinde heimatberechtigten jenischen Mitbürger:

„ Magliaso hat soooo genug von diesen Huser, dass dem Sekretär der Wunsch aufsteigt, man möchte die ganze Gesellschaft zusammenbinden und in ein Feuerchen stellen!!“ [26]

In der Innerschweiz wurden die Jenischen, dort oft mit der Fremdbezeichnung „Fecker“ etikettiert, in weitgehender Eigenregie durch kantonale Behörden einem ähnlichen diskriminatorisch-eliminatorischen Regime mit denselben Zielen unterzogen. Ich zitiere dazu folgendes aus einem Schreiben des Gemeindepräsidenten von Galgenen im Kanton Schwyz, Caspar Diethelm. Dieser schrieb über eine jenische Familie aus dem Kanton Schwyz am 4. November 1951 an die Pro Juventute:

„In Beantwortung ihres Schreibens vom 2. dieses teile ich Ihnen höflich mit, dass die Familie Y. inzwischen aufgelöst worden ist. Die Familienverhältnisse waren wirklich ganz erbärmlich, vor allem waren die Kinder in ganz verwahrlostem Zustand. Die eingetretene Not gab den Anlass einzugreifen, nachdem die Gemeinde schon seit Jahren bestrebt ist, dem Feckerstand zu Leibe zu rücken.“ [27]

Neben der Pro Juventute, die hauptsächlich in Graubünden sowie den Kantonen Tessin, St. Gallen und Aargau von vielen Behörden unterstützt wurde, waren somit auch andere Instanzen und Organisationen aktiv, so verschiedene Amtsvormundschaften der Innerschweiz sowie Organisationen wie das Seraphische Liebeswerk mit Hauptsitz in Solothurn.

Noch 1980 wurde eine im Aargau lebende jenische Frau, die unter amtlicher Vormundschaft ihres Heimatbezirks im Kanton Schwyz stand, einer Zwangsabtreibung sowie einer Zwangssterilisation unterzogen. Hätte sie in diesen medizinischen Eingriffe nicht eingewilligt, hätte sie der Vormund nicht heiraten lassen. Ihr Anwalt fasste das Geschehen so zusammen: „1980 wurde sie schwanger, diese Schwangerschaft wurde auf Betreiben ihres Vormundes im 6. Monat abgebrochen. Ohne Zustimmung von Frau K. wurde dieser Eingriff gleich auch zum Anlass genommen, eine Unterbindung vorzunehmen. Dieser Eingriff wurde im Spital Baden vorgenommen.“ [28]

Wie Sie sehen, war die Verfolgung der Jenischen in der Schweiz auch im 20. Jahrhundert, wie auch die der Roma und Sinti, und wie schon in früheren Jahrhunderten, nicht einfach eine Diskrimierung, obwohl auch das schon eine schlimme Sache ist. Diese Diskriminierung, diese systematischen Kindswegnahmen, diese erfolgreichen Anstrengungen, die Geburtenrate der jenischen Minderheit abzusenken, dies alles hatte auch eliminatorische Ziele.

Das hielt die bekannte jenische Schriftstellerin Mariella Mehr, die 1998 von der Universität Basel den Ehrendoktortitel erhielt, in ihrer Beschwerde an das Bundesgericht vom 29. Juni 1988 fest. Sie verlangte darin sowie in ergänzenden Gesuchen und Eingaben zu diesem und anderen gleichzeitig  laufenden juristischen Verfahren unter anderem, die Akten der Pro Juventute nicht, wie dies eine Übereinkunft der Kantone vorsah, als Vormundschaftsakten zu legitimieren, sondern vielmehr als Beweismaterial zu einem Strafverfahren in Sachen Verfolgung der Jenischen zu sichern. Diese Verfolgung charakterisierte Mariella Mehr unter ausdrücklichem Bezug auf die Genozid-Konvention der UNO als Völkermord.

Auf diesen Punkt trat das Bundesgericht in seiner Ablehnung der Beschwerde vom 1. Februar 1989 nicht einmal ein.

Auch weitere Versuche, irgend ein Gericht in der Schweiz dazu zu bringen, die Verfolgung der Jenischen, die bis in die 1980er Jahre andauerte, weit über das Ende des Pro-Juventute-Hilfswerks hinaus, strafrechtlich zu untersuchen, mit dem Ziel, noch lebende Täter gerichtlich zu belangen und für die Opfer die rechtliche Grundlage zu normalen Entschädigungs- und Genugtuungszahlungen zu legen, wie sie in anderen Fällen auch gesprochen wurden, sind nicht durchgedrungen. Das trug dazu bei, dass auch heute noch manche Jenische der Meinung sind, das für einen Rechtsstaat grundlegende Gleichheitsgebot werde ihnen gegenüber noch immer nicht eingehalten.

Immerhin vertreten seit kurzem auch jüngere Rechtsgelehrte, so etwa Nadja Capus, die Auffassung, dass die Verfolgung der schweizerischen Jenischen im 20. Jahrhundert mehrere Tatbestände gemäss UNO-Völkermordkonvention umfassten. Insbesondere sind dies offenkundig folgende Tatbestände gemäss Artikel II dieser Konvention:

„Absatz d): Verhängung von Massnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;

Absatz e): Gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe“.

Die Konvention richtet sich laut ihrem Artikel III, Absatz d) auch gegen den „Versuch, Völkermord zu begehen“.

Nadja Capus legt überzeugend dar, dass diese Tatbestände erstens Offizialdelikte umfassen und zweitens auch nach schweizerischem Recht keineswegs verjährt sind. Und dies auch in Anbetracht dessen, dass die Schweiz die Ratifikation dieser Konvention aus dem Jahr 1948 bis ins Jahr 2000 verzögerte.[29]

Doch auch nach Erscheinen der Studie von Nadja Capus hat kein Staatsanwalt und kein Gericht sich veranlasst gesehen, abzuklären, ob und inwieweit seitens welcher Täterschaft diese Tatbestände verübt wurden, und ob gegen allenfalls noch lebende Täter entsprechende Strafen verhängt werden müssten.

Es wird sich zeigen, ob die nun angenommene Volksinitiative betreffend Unverjährbarkeit des sexuellen Missbrauchs von Kindern, wie er auch an manchen aus ihren jenischen Familien geraubten jenischen Kindern sowie an zahlreichen Verdingkindern verübt wurde, den Opfern solcher Straftaten endlich zu ihrem Recht verhilft, und ob solche Täter, seien es nun Geistliche, Lehrer, Vormünder, Anstaltspersonal oder andere, endlich konsequent vor Gericht gestellt werden.

Der bisherigen Unbestraftheit der Täter entspricht, dass auch in neueren Darstellungen vielfach diffus von dem den Jenischen geschehenen „Unrecht“ oder auch von blosser „Diskriminierung“ die Rede ist, wenn es um die gegenüber den Jenischen in der Schweiz durchgeführten Verfolgungsmassnahmen geht, und nur selten explizit von Völkermord oder anderen konkreten Straftatbeständen wie Freiheitsberaubung etc.

Vor diesem Hintergrund ist auch nicht verwunderlich, dass das Prozedere der so genannten „Wiedergutmachung“ gegenüber den Jenischen, welches den überlebenden Opfern Beträge zwischen 2000 und 20'000 Franken zusprach, kein normales Rechtsverfahren war, wie es eigentlich zur Feststellung von Ansprüchen auf Schadenersatz und Genugtuung gesetzlich geregelt wäre. Dieses Spezial-Prozedere bezeichneten Vertreter des Staates vielmehr als „humanitäre Geste“. Von seiten der Opfer wurde es als Verteilung „lächerlicher Beträge“ und als „Ohrfeige“ empfunden und bezeichnet.[30]

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Äusserung von Alfons Egli, der sich als Bundespräsident am 3. Juni 1986 bei den Jenischen im Lauf einer Nationalratsdebatte offiziell  entschuldigt hatte [31] und der als Leiter einer Fondskommission die erste Phase dieser so genannten Wiedergutmachungszahlungen leitete. Egli erkannte bald, dass der Kreis der Opfer dieser Verfolgung grösser war als der der jenischen Mündel der Pro Juventute, da sich auch jenische Opfer ähnlicher Massnahmen aus der Innerschweiz, aus den Regionen Solothurn und Bern sowie aus der Romandie meldeten, über deren Verfolgung vorher und auch seitdem wenig publiziert wurde. Es meldeten sich übrigens auch einzelne nichtjenische Verdingkinder, die teils abgewimmelt wurden, teils von der gleichzeitig tätigen Aktenkommission bei der für sie auch heute noch harzigen Aktensuche unterstützt wurden.

Als Jurist sah Egli klar, dass die Fondskommission keineswegs eine Gerichtsinstanz war. Alfons Egli schrieb in seinem Jahresbericht der Fondskommission der Stiftung Naschet Jenische über das Jahr 1989 vom 10. Juli 1990 unter anderem: „Die Feststellung der Betroffenheit bietet der Kommission in zunehmendem Masse Schwierigkeiten, da sich im Gegensatz zu bisher vermehrt auch Betroffene melden, welche nicht Opfer der seinerzeitigen Aktion ‚Kinder der Landstrasse’ der Pro Juventute waren. Die Kommission kann über die einen Anspruch begründenden Tatsachen nicht wie ein Gericht Beweise verlangen, muss aber oft doch an die Glaubwürdigkeit der Gesuchsteller hohe Anforderungen stellen. In vielen Fällen muss sie sich mit einer Glaubhaftmachung begnügen.“ Dass ein solches Prozedere für die Betroffenen entwürdigende und demütigende Züge hatte, ist offenkundig.

Auch Historiker sind keine Gerichtsinstanz. Doch obliegt es uns, die Akten und Aussagen zu dieser traurigen Geschichte nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen. Und aus dieser Haltung heraus komme ich zur Feststellung, dass die Verfolgung der Jenischen nicht nur „eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren Schweizer Geschichte“ ist, wie es Bundesrätin Ruth Dreifuss formulierte,[32] sondern dass der Kreis der Opfer wie auch der Täter weit grösser ist als bisher bekannt. Auch ich finde es stossend, dass sich die Justiz der gerichtlichen Aufarbeitung des verübten Unrechts bisher weitgehend entzog. Umso wichtiger sind deshalb die lange vergeblich geforderten gründlichen Aufarbeitungen, wie sie für den Kanton Graubünden nun doch allmählich Wirklichkeit werden, auch in anderen Regionen der Schweiz und in Bezug auf weitere  involvierte Organisationen und Behörden. Wir allein können dieses dunkle Kapitel nicht für die ganze Schweiz lückenlos aufarbeiten, auch wenn wir seit über zwanzig Jahren dafür tun, was in unseren Kräften steht. Es freut uns, wenn jüngere Kolleginnen und Kollegen dazu auch ihre Beiträge leisten, besonders, wenn sie dies mit einer klaren menschen- und völkerrechtlichen Orientierung tun. Wir würden uns insbesondere auch freuen, wenn auch wir, wie unsere jüngeren Kollegen, aus anderen Projekten, für die noch anstehende Arbeit der Publikation unserer Forschungsergebnisse weitere Unterstützung finden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.



Anmerkungen:



[1] Vgl. Regula Argast: Staatsbürgerschaft und Nation, Ausschliessung und Integration in der Schweiz 1848 – 1933, Göttingen 2007; Regula Argast / Gérald Arlettaz / Brigitte Studer: Das Schweizer Bürgerrecht, Nationalität und Ordnung des Sozialen in der Schweiz von 1848 bis zur Gegenwart, Zürich 2008.

[2] Vgl. zu deren Lage in der Schweiz Bettina Zeugin: Papiere für Sans-Papiers: Härtefallregelungen genügen nicht - ein Diskussionsbeitrag, Luzern 2003; Pierre-Alain Niklaus, Hans Schäppi (Hg.): Zukunft Schwarzarbeit? Jugendliche Sans-Papiers in der Schweiz, Zürich 2007

[3] Amtliche Abschiedesammlung, Bd.3, Abt.2, S.1237

[4] Amtliche Abschiedesammlung, Band 4, Abt.2, S.546

[5] Vgl. zu diesen und anderen amtlichen Mandaten sowie zur damaligen Folter- und Blutjustiz Thomas Huonker: Fahrendes Volk – verfolgt und verfemt, Jenische Lebensläufe, Zürich 1987, S. 27-39

[6] Für die Schweiz ist dies gut dokumentiert in der seit 1975 erscheinenden Zeitschrift der Radgenossenschaft der Landstrasse, die seit Juni 1996 den Untertitel „Zeitung des jenischen Volkes“ trägt. Für einen Überblick über die Lage der Jenischen in Europa vgl. Christian Bader: Yéniches, Les derniers nomades d’Europe, Paris 2007

[7] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[8] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[9] Zu Bellechasse vgl. Thomas Huonker: Fahrendes Volk – verfolgt und verfemt, Jenische Lebensläufe, S. 90-93, sowie die Berichte über Bellechasse in mehreren der im selben Buch protokollierten Lebensläufen.

[10] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[11] Alle drei Zitate aus der Zusammenfassung, Bundesarchiv, Bestand J2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[12] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[13] Schreiben von G. Thaler an Alfred Siegfried vom 21. November 1936,  Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[14] undatiertes Schreiben von Anselm X. an Regierungsrat Andreas Gadient, ca. Nov. 1939, Bundesarchiv, Bestand J2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782. Dr. phil. I Andreas Gadient (1892-1976) war 1927-1939 und sowie 1951-1957 als Vertreter der Demokratischen Partei Mitglied des Bündner Regierungsrats, sass von 1927 bis 1956 im Nationalrat und von 1941 bis 1976 im Verwaltungsrat der Emser Werke.

[15] Siegfried an Gadient, 4. Januar 1940, Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[16] Aktenzusammenfassung des „Hilfswerks“, Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[17] Aktenzusammenfassung des „Hilfswerks“, Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[18] Aktenzusammenfassung des „Hilfswerks“, Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[19] Aktenzusammenfassung des „Hilfswerks“, Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 141, Dossier 782

[20] "Über die Bekämpfung der Vagantität in der Schweiz", Vortrag von Dr. Alfred Siegfried, Leiter der Abteilung "Schulkind" des Zentralsekretariates Pro Juventute, gehalten in der Cadonaufonds-Kommission Pro Juventute am 9. Juli 1943 in Zürich, S. 10.  Ein Faksimilie des Manuskripts dieses Vortrags befindet sich online auf http://www.thata.net/thatabludok10.html

[21] ibid. S. 11

[22] Alfred Siegfried: Kinder der Landstrasse, Zürich 1964, S.106

[23] ibid.

[24] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 176, Dossier 988

[25] Zusammenfassendes Aktenblatt, Bundesarchiv, Bestand J2.187 1988/76, Behältnis 176, Dossier 988

[26] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76,Behältnis 222, Dossier 1247

[27] Bundesarchiv, Bestand J.2.187 1988/76, Behältnis 213, Dossier 1223

[28] Brief des Anwalts der Betroffenen an die Aktenkommission, 18. 4. 1990, Bundesarchiv, Bestand E 9500.222 (-) 1993/116, Behältnis 10

[29] Nadja Capus: Ewig still steht die Vergangenheit? Der unvergängliche Strafverfolgungsanspruch nach schweizerischem Recht, Bern 2006, S. 77-97

[30] So von Paul Schirmer an einer öffentlichen Versammlung von Jenischen am 2. Dezember 1988 im Restaurant Anker in Luzern, als dort Alfons Egli das Prozedere der Fondskommission darlegte. Vgl. die Tonbandaufzeichnung dieser Versammlung, Privatarchiv Thomas Huonker. Vgl. auch Urs Jaeggi: Statt neue Rechte bloss neue Ohrfeigen? In: Berner Zeitung, 10. Dezember 1988. Vgl. ferner Thomas Huonker: Jenische in der Schweiz oder eine unendliche Geschichte von Verfolgung und Bevormundung, erschienen im A-Bulletin, Zürich, am 27. August 1992, online auf http://www.thata.ch/abulletin27august1992html.html

[31] Der Wortlaut von Bundespräsident Alfons Eglis Entschuldigung in Thomas Huonker, Fahrendes Volk – verfolgt und verfemt, Jenische Lebensläufe, Zürich 1987, 2. Aufl. 1990, S. 113-114

[32] Ruth Dreifuss: Geleitwort, in: Walter Leimgruber, Thomas Meier, Roger Sablonier: Das „Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse, Historische Studie aufgrund der Pro-Juventute-Akten im Bundesarchiv, Bern 1998, S. 3-4, S.3