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Dokument Nr. 50:
Der nationalsozialistische Strafrechtsprofessor und "Kriminalbiologe" Franz Exner über die "Erbanlagen" der "Jänischen" und seinen Kontakt zu Robert Ritter.

Franz Exner: Kriminalbiologie in ihren Grundzügen. 2. Auflage Hamburg 1944
S.130:
"Unter Verbrecherstammbäumen pflegt man Stammbäume zu verstehen, in welchen Kriminalität und Vagabundentum gehäuft vorkommen. [...] Die wohl bekannteste und zugleich eine der ältesten unter ihnen betrifft die Familie Juke. [...] Ähnliche Nachforschungen mit ähnlichen Ergebnissen wurden bezüglich der Familien Zero, Kallikak usw. gemacht."
S.130
"Will man Ergebnisse, die eine Verallgemeinerung gestatten, so lässt es sich nicht umgehen, diese Untersuchungen auf eine grosse Zahl, und zwar unausgelesener Fälle zu erstrecken, um so die Unterlagen für statistisch erweisliche Regelmässigkeiten zu erlangen. Das ist der Weg der statistischen Abstammungs- bzw. Sippenforschung. Bevor auf sie eingegangen wird, sei hier noch der Arbeiten gedacht, die in gewissem Sinn einen Übergang bilden zwischen den beiden Methoden. Ritter (Ein Menschenschlag, Leipzig 1937) ist in grosszügig angelegten Sippenuntersuchungen den Abkömmligen der ehemaligen ‚Jänischen' und ‚Jaunergesellschaften' nachgegangen, die schon vor 200 Jahren wegen ihrer Kriminalität und ihres Vagabundentums staatlich bekämpft worden sind. Ihre Nachkommen haben ihr biologisches Gepräge behalten; meistens irren sie als Taugenichtse und Vagabunden umher und vermögen in ihrer Asozialität selbst bei Blutmischung ihren ‚Schlag' nicht zu verleugnen; wenn man sie auf gehobenen Stufen findet, dann meist an Stellen, die mehr Abwechslung als Arbeit bieten; wo sie noch heute mehr oder weniger geschlossen siedeln, da kennt der zuständige Strafrichter ihre einzelnen Glieder nur allzu genau. Eine Bestätigung für die Nachhaltigkeit derartiger Bluteinschläge ist die Erfahrung, dass in Erziehungsanstalten und Arbeitshäusern die Abkömmlinge dieser Kreise sich meist als völlig unbeeinflussbar ersweisen."
Zu letzterem lässt Exner ebenfalls auf S.131 diese Fussnote folgen:
"Kohnle (Die Kriminalität erwachsener Fürsorgezöglinge und die Möglichkeit einer Erfolgsprognose, Krim. Abhandlungen Nr. 33) spricht hier von Zigeunerabkömmlingen; wie ich jedoch von Ritter höre, handelt es sich in Wahrheit um Nachkommen eben jener ‚Jänischen'."

Kommentar:

Franz Exner wurde am 9. August 1881 in Wien geboren und starb am 1. Oktober 1947 in München. Schon sein Grossvater und sein Vater waren Universitätsprofessoren, was ihn vermutlich in seinen biologistischen Erblichkeitslehren bestärkte. Als Schüler der Strafrechtler Franz von List und Carl Stooss wurde Exner bald selber Professor, zunächst in Czernowitz, Prag, Tübingen und Leipzig, schliesslich ab April 1933 in München. Ebenfalls ab 1933 war Exner Mitglied im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen (ab 1936 hiess diese Naziorganisation NS-Rechtswahrerbund). Exner konnte nach 1945 Professor in München bleiben, weil er geltend machte, er sei nie Mitglieder der NSDAP gewesen. Im Nürnberger Prozess betätigte er sich als Strafverteidiger von Generaloberst Alfred Jodl; es gelang ihm aber nicht, diesen Hauptkriegsverbrecher vor dessen Hinrichtung durch Erhängen (am 16. Oktober 1946) zu bewahren. Weiter Auflagen seiner "Kriminalbiologie" erschienen auch noch nach Exners Tod unter Einschluss der oben zitierten rassistischen, biologistischen und antiziganistischen Passagen über die Jenischen, während in den ersten beiden Auflagen ebenfalls vorhandene antisemitische Passagen aus den Auflagen nach 1945 gestrichen wurden. Die obigen Zitate machen deutlich, dass Exner die Arbeit des Graubündner Psychiaters Josef Jörger über die Jenischen aus dem Jahr 1905 kannte ("Familie Zero") und dass er persönlichen Kontakt zu Robert Ritter hatte.