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zu den Themen Minderheiten, Roma, Sinti, Jenische, Indigene, Menschenrechte, Menschenrechtsverletzungen, Kindswegnahmen, Anstalten, Geschichte, Pro Juventute, "Eugenik", "Rassenhygiene", Zwangssterilisation, Kastration, Psychiatrie, Rassismus, Flüchtlingspolitik, Völkermord, Holocaust
Dokument Nr. 44:
Rassismus, "Rassenhygiene" und Antiziganismus bei Auguste Forel
.
Einige Zitate aus Auguste Forels Buch "Die sexuelle Frage", zitiert nach der ersten Auflage (München 1905).

Zitat Nr.1, S.519:
"Endlich gibt es eine ausserordentlich schwierige und heikle Frage, die wir schon berührt haben, nämlich diejenige, wie die Kulturmenschheit der Gefahr zu begegnen habe, durch inferiore Menschenrassen infolge derer grosser Fruchtbarkeit überwuchert zu werden. Diese Gefahr darf nicht verkannt werden. Um sie aber richtig zu schätzen, darf man nicht einfach und unterschiedlos alle Wilden und Barbaren auf der einen Seite, allen Zivilisierten auf der anderen gegenüberstellen. Die Frage ist ausserordentlich kompliziert. Viele wilde Völkerschaften sterben infolge von Unfruchtbarkeit aus. Die Europäer haben so viele Unsitten, Branntwein, venerische Krankheiten bei ihnen eingeführt, dass sie daran rasch zu Grunde gehen, weil sie nicht die Kraft besitzen, sich aufzuraffen und dagegen zu wehren; so die Weddahs, die Rothäute Nord-Amerikas, sogar die Malayen u.s.f. Ganz anders jedoch steht es bereits mit den Negern, die ungemein zähe sind, sich stark vermehren, und sich überall der Kultur anschmiegen und anpassen. Utopisten sind jedoch diejenigen, die da glauben, der Neger könne ohne eine phylogenetische Umwandlung, die unzählige Jahrtausende in Anspruch nehmen würde, eine höhere Kulturrasse werden. Ich will in diese Diskussion nicht weiter eintreten, meine aber doch, dass in der langen Zeit, während der die Neger in Amerika unter dem Einfluss der Kultur standen, sie ihre Fähigkeit, diese selbständig zu erhalten und weiter auszubauen, längst erwiesen haben sollten. Statt dessen sehen wir, wie früher zivilisierten Neger Haitis, sich selbst überlassen, wieder in ärgste Barbarei verfallen, wobei sie auch das damals erhaltene Christentum barbarisieren."

Zitat Nr.2, S.522:
"Wir bezwecken keineswegs eine neue menschliche Rasse, einen Uebermenschen zu schaffen, sondern nur den defekten Untermenschen allmählig durch die Entfernung der Ursachen der Blastophthorie und durch willkürliche Sterilität der Träger schlechter Keime zu beseitigen, und dafür bessere, sozialere, gesundere und glücklichere Menschen zu einer immer grösseren Vermehrung zu veranlassen."

Zitat Nr.3, S.522/423:
"Wie sehr hat sich nicht die Qualität der Hunde gehoben, seitdem man sich bemüht, gute Rassen zu züchten und die schlechten zu beseitigen! Sehen wir nicht auch gewisse Familien und selbst grössere Menschengruppen, die durch die Milde ihres Charakters, ihre Arbeitsamkeit, ihre Intelligenz, ihr ideales Streben sich auszeichnen, weil viele Generationen, Jahrhunderte hindurch, diese Eigenschaften beibehielten, indem sie durch richtige Wahl in der Ehe ihren Familien- oder Rassentypus rein hielten? Sehen wir nicht umgekehrt Schurkerei, Faulheit, Falschheit und Niedertracht sich in anderen Familien und Völkerschaften ebenso hartnäckig erblich fortpflanzen? Wer hierfür einen scharfen und zuverlässigen Beleg will, den verweise ich /S.523/ auf die jetzt im Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie (Berlin S.W.12, 1905) erscheinende Arbeit von Dr. Jörger über 'Die Familie Zero'."

Kommentar:
Diese Zitate sind leicht durch weitere dieser Art aus demselben Buch oder aus anderen Publikationen von Auguste Forel zu komplettieren. Obwohl Forel hinsichtlich Frauenrechte und Pazifismus für Rassisten atypische linke Positionen einnahm, so ist sein Rassismus doch offenkundig und klar belegt.
Auguste Forel (1848 - 1931) war ein Schweizer aus dem französischsprachigen Kanton Waadt. Von 1879 bis 1898 war er Professor für Psychiatrie an der Universität Zürich und Direktor der Psychiatrischen Klinik Burghölzli. Später widmete er sich ganz der Ameisenforschung, der Publizistik, dem Kampf für die Abstinenzbewegung und schliesslich der Bahai-Religion.
Forel war prägend für die "Rassenhygieniker" der zweiten Generation wie Eugen Bleuler, Ernst Rüdin, August Ploetz und viele andere. Unter seiner Direktion wurden an Patienten und Patientinnen der Klinik Burghölzli die ersten "eugenisch" und "rassenhygienisch" begründeten Sterilisationen und Kastrationen in Europa vorgenommen.
Die gegen die schweizerischen Jenischen gerichtete antiziganistische Schrift des Graubündner Psychiaters Josef Jörger "Die Familie Zero" erschien 1919, ergänzt um die ebenfalls negativ stereotypisierte Darstellung einer weiteren jenischen Familie ("Familie Markus"), erschien sie als Festschrift zum 70. Geburtstag Forels. Jörgers Theorien waren massgebend für die systematischen Kindswegnahmen der Stiftung Pro Juventute mit dem Ziel der Beseitigung der Jenischen als Volksgruppe. Von Jörger beeinflusst sind auch Robert Ritter, Eva Justin, Norbert Vogel und andere Leitfiguren der Verfolgung von Sinti, Roma und Jenischen zur Zeit des Nationalsozialismus.
Bis in die 1990er Jahre war der Ruf Auguste Forels in der Schweiz weitgehend unangefochten. Sein Porträt zierte die Tausend-Franken-Note. Er wurde in medizinhistorischen Darstellungen als "Vater der schweizerischen Psychiatrie" gefeiert. Erst das Buch "Hirnriss" von Willi Wottreng, das 1999 erschien, hat das geändert; seitdem erschienen mehrere wissenschaftliche Arbeiten, welche den Rassismus und die "Rassenhygiene" Forels und seiner Jünger kritisch thematisieren.