Dokument Nr. 23:
Rückblick des Gefängnisdirektors Karl Hafner (Regensdorf) auf die Anwendung der Galeerenstrafe in der Schweiz im 16. und 17. Jahrhundert (1925 veröffentlicht)
Aus: Karl Hafner; Geschichtlicher Teil, in: Karl Hafner / Emil Zürcher (Hg.): Schweizerische Gefängniskunde. Bern 1925, S. 1-40, S. 4 f.
"Auf der Suche nach Mitteln, sich das 'fremde Volk' vom Halse zu halten, kam man dazu, vaga/S. 5/bundierendes und verbrecherisches, einheimisches und fremdes Gesindel durch Ausweisung, Verbannung und Ablieferung auf eigene oder die Galeeren benachbarter und befreundeter Mächte abzuschieben. Als angeschmiedete Ruderknechte mochten sie ihr ferneres Leben fristen. Im 16. Jahrhundert begegnen wir dieser Art Freiheitsstrafe überall in der Schweiz. Die Vagabunden und Bettler, die man auf einer 'Landjegi' oder Betteljagd zusammengetrieben, wurden ebenfalls den Galeeren zugeführt. Luzern besass auf dem Vierwaldstättersee seit 1533 eine solche, Bern eine auf dem Genfersee; aber auch Savoyen, Sardinien, Genua, Venedig, Frankreich und Spanien nahmen. Eine Zeit lang enstand fast ein Wettbewerb der fremden Staaten um unsere Verbrecher oder Vagabunden. Bern ging 1571 mit Savoyen einen bezüglichen Vertrag ein, und auf der Tagsatzung in Baden 1572 lud der savoyische Gesandte auch die übrigen Stände zum Beitritt ein. Die sieben katholischen Orte schlossen 1587 mit Spanien einen Vertrag nach dem Vorbilde Berns ab. In Zürich überband man dem Kleinen Rat 1613, 'lasterhafte leüthe, zumahlen auch die rebelligen wider täuffer, auf die Galleen zu verschicken'. Ein Beschluss der Tagsatzung von 1671 lautete dahin, dass Wiedertäufer zwei Jahre auf die Galeeren zu schicken seien. Auch eingefangene Zigeuner wurden den Galeeren überliefert (Eidgenössische Abschiede V 2, 839, 1359)."
Kommentar:
Die Tagsatzung war die oberste Behörde der alten Eidgenossenschaft.
Bemerkenswert ist die unkritische Übernahme des Oberbegriffs "Gesindel" für die Verfolgten früherer Jahrhunderte durch Karl Hafner, der diesen Abschnitt verfasste. Immerhin halten sie fest, dass die Galeerenstrafe keineswegs nur Verbrecher, sondern vor allem auch Nicht-Sesshafte, Bettler religiöse Dissidenten und Angehörige ethnischer Minderheiten traf. Unerwähnt bleibt die hohe Todesrate unter den Ruderknechten auf den Galeeren.
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